2012
reiste ich zum ersten Mal in die USA. Auf dem Weg nach Manhattan sah ich
einen Ford F-150. Auf seinem riesigen, chrom-glänzenden Grill prangte das
Firmenlogo, so groß wie ein T-Bone Steak. Die Fahrerkabine, eine crew-cab,
ragte steil wie die Rocky-Mountains auf. Die 20 Zoll Felgen blitzten vor Chrom
und aus den armdicken Endrohren waberte ein seidenweicher V8-Bass. Ich war
begeistert. Meine Begeisterung wuchs weiter, als ich bald unzählige Chevy, GMC,
Dodge und Toyota Pick-Ups zu sehen bekam. Bald schon konnte ich den Silverado,
den Tundra, den Ram, die F-Serie und den Sierra unterscheiden. Amerika
ist Pick-Up-Land. Wie kein anderes Auto verkörpern Pick-Ups das amerikanische
Lebensgefühl, den american way of life. Sie sind wie die Amerikaner
selbst. Sie sind unabhängig, dank Allrad und großer Bodenfreiheit kommen sie
überall hin. Sie packen mit an, schleppen auf ihren großen Ladeflächen bis zu
eine Tonne und oberdrein noch einen Anhänger voll Rinder oder Holz. Sie
arbeiten hart und rumpeln von früh bis spät über Schotterpisten oder durch die
Berge.
Die
Technik der Trucks ist einfach. Die Basis bildet ein Leiterrahmen, so
wie bei
vielen SUVs. Hinten sind eine Starrachse und
Blattfedern
verbaut. An der
Vorderachse
finden sich Einzelradaufhängung und Schraubenfedern. Die robuste Bauweise ermöglicht Offroad-Fahrten, das Ziehen
schwerer Anhänger und eine hohe Zuladung auf der Ladefläche. Auch die Motoren
sind
verhältnismäßig simpel: Große V8 – Saugmotoren mit viel Hubraum. „Two liters
is a softdrink, not an engine“ heißt es auf einem bekannten Auto-Aufkleber.
In der Tat, ein fünf bis sechs Liter großer V8 hat Zylinder, so groß wie
Softdrink-Becher. Die großen Motoren sind ideal für die entspannte
amerikanische Fahrweise. Selbst mit 5.500 kg an der
Anhängerkupplung bleiben die V8s gelassen.
Die Motoren moderner Pick-Ups sind E85-tauglich und verfügen über Zylinderabschaltung. Trotzdem sind
die Saugmotoren sehr durstige Gesellen. Chevrolet gibt etwa für seinen 6,2
Liter V8 „Small-Block“ einen Normverbrauch von 13 l auf 100 km an. Damit die großen Zahlen nicht so erschreckend sind,
verwenden die Amerikaner einfach größere Maßeinheiten als wir Europäer. Eine
amerikanische Gallone entspricht knapp vier Litern. So werden aus 13l Benzin
nur 3,4 Gallonen – piece of cake! All dem Umweltschutz zum Trotz,
der tiefe V8-Sound macht glücklich.
Ein
amerikanischer Pick-Up strahlt schon im Stillstand Stärke aus - wie ein
schlafender Grizzly. Üppig verchromte Grills, Felgen oder Spiegel gehören zum
guten Ton. Nur ein zimperlicher Europäer würde sich daran stören. Trotz des
hemdsärmeligen Auftretens bieten Pick-Ups einiges an Komfort – auf
amerikanische Art. Um den Aufstieg in das Fahrzeug zu erleichtern (Einstieg
wäre das falsche Wort!), bieten die Hersteller automatisch ausfahrende
Trittbretter an. Der Innenraum eines full-size trucks mit einer langen
Fahrerkabine (crew-cab) ist riesig. Man kann beinahe sein eigenes Echo zu hören. Die klimatisierten Getränkehalter halten
die Cola kalt oder den Kaffee warm. Plastik und Holzimitat bedecken
die meisten Oberflächen.
In
gewisser Weise hat der Pick-Up das Pferd der Cowboys als Arbeitstier ersetzt.
Den Trucks haftet ein Hauch von Wild-West Romantik an. Die Hersteller haben das
erkannt und versuchen die Trucks optisch anzupassen. So bietet Ford für seine
Pick-Ups die „King Ranch“- Innenausstattung
an. Sie ist nach der legendären King-Ranch in Texas benannt. Die
Ausstattung beinhaltet einen Innenraum, der wie ein luxuriöser Saloon anmutet.
Auch Chevy (High Country) Toyota (1794) und Dodge (Laramie-Longhorn) bieten
entsprechende Pakete an.
Der Dodge RAM 1500 fühlt sich im Schnee pudelwohl. Eigenes Foto. |
Zurück
nach New York, zum Ursprung meiner Pick-Up Begeisterung. Warum war ich sofort
von diesen Riesenlastern begeistert? Ihre Größe, ihre Leistung und ihre
Unverwüstlichkeit machen sie zum ultimativen Spielzeug. Sie bieten die
Möglichkeit, sich ein Stück des american dream zu kaufen. Ohne die Aura
von Freiheit, Wild West und ihre schiere Größe wären die Trucks bloß
Kleinlaster für Handwerker und Landwirte, so wie in Europa.
Text: © autofieber.blogspot.com 2017