Designzeichnung des Huayra. Foto: Pagani |
Wenn
der Name Modena fällt, dann meist im Zusammenhang mit Ferrari und Lamborghini.
Seit 1999 ist eine dritte Marke auf der Bildfläche erschienen: Pagani
Automobili. Die Firma kombiniert im Geiste der Renaissance Kunst und
Wissenschaft (Arte
e scienza) zu einzigartigen Fahrzeugen. Mit diesen Autos erfüllt sich der
Firmengründer Horacio Pagani seinen Traum vom eigenen italienischen
Supersportwagen.
Horacio
Pagani wurde 1955 in Argentinien geboren. Seit seiner Kindheit war er von Autos
und Technik begeistert. Im Alter von fünfzehn Jahren baute er ein Motorrad, mit
zwanzig einen Formel 2 Rennwagen. Von Argentinien nach Modena war es ein weiter
Weg. Hilfe kam von einer argentinischen Rennfahrer-Legende. Im Rahmen seiner
Arbeit an Rennwagen traf Pagani den Rennfahrer Juan Manuel Fangio. Fangio
erkannte Paganis Talent als Konstrukteur und setzte ein Empfehlungsschreiben
auf, um dem jungen Ingenieur eine Anstellung in Italien zu ermöglichen. 1982
siedelte Pagani nach Italien über.
Eines der ersten Zonda-Modelle. Foto: Autofieber |
Dort arbeitete er zunächst als Konstrukteur und Designer für Lamborghini. Zu seinen Projekten gehörten der Geländewagen LM 002, der Countach Evoluzione und der Diablo. Bald entdeckte Pagani seine Begeisterung für Faserverbundwerkstoffe. Nach ersten Experimenten mit dem Material bat er die Leitung von Lamborghini einen Autoklav für die Produktion von CFK-Teilen zu kaufen. Der Chef lehnte ab: „Wenn Ferrari sowas nicht hat, brauchen wir das auch nicht“. Also kaufte Pagani 1987 auf eigene Faust und mit eigenem Geld einen Autoklav. Er begann an der Fertigung von CFK-Bauteilen zu forschen.
Im Jahre 1990 stürzte der Golfkrieg die Sportwagenhersteller in
eine schwere Krise. Lamborghini musste die Entwicklung neuer Modelle
einfrieren. Pagani beschloss, dass nun der passende Zeitpunkt war, um sein
eigenes Auto zu bauen. Er gründete 1991 die Firma Modena Design, um die teure
Entwicklung zu finanzieren. Die Firma produzierte Verbundfaserwerkstoffe für
die Formel 1 und die Luftfahrt. So konnte Pagani viel Wissen über die
Verarbeitung von Kompositmaterialien sammeln. Schließlich gründete er 1998 die
heutige Firma Pagani
Automobili . Nun konnte die Entwicklung richtig beginnen. Inspiration für
sein Auto fand Pagani in der Renaissance. Er ließ sich von Leonardo da Vincis
Idee leiten, dass Kunst und Wissenschaft Hand in Hand arbeiten sollen. Viele
verschiedene Quellen beeinflussten Paganis Design: Die Form der Le Mans –
Rennwagen, die Liebe zum Detail des Uhrenherstellers Patek Philippe und die
eleganten Sportboote des italienischen Herstellers Riva lieferten Ideen für den
sein erstes Auto.
Die technischen Aspekte seines Autos lehnte er an den
Eurofighter-Jet an. Für die Karosserie wählte er den Verbundwerkstoff CFK, der
auch in der Luft – und Raumfahrt eingesetzt wird. Dieser faserverstärkte
Kunststoff hat trotz einer geringen Dichte ein hohes Niveau an Festigkeit und
Steifigkeit. Der Motor stammte von Mercedes, der Firma, die schon die Rennwagen
seines Idols Fangio gebaut hatte. Dieser V12 verfügte über sechs Liter Hubraum
und leistete ca. 400 PS. 1999 stellte Pagani den ersten Sportwagen auf
dem Genfer Autosalon vor: Der Zonda. Seinen Namen hatte das Auto von einem
Föhnwind in den argentinischen Anden.
Der Zonda fand großen Anklang auf der ganzen Welt und wurde bis
2010 etwa 130 mal gebaut. 2002 vergrößerte man den V12 auf 7.3 Liter. Es gibt
viele Varianten: Den Zonda F, den Zonda Roadster, oder Sondermodelle wie den
Tricolore und den Cinque. Die Speerspitze der Zondas stellt das Sondermodell
Revolución dar. Es handelt sich um einen Rennwagen ohne Straßenzulassung. In
dieser höchsten Ausbaustufe leistet der V12 800 PS.
Die Außenspiegel sind dem Auge einer Frau nachempfunden. |
2011 war ein weiteres wichtiges Jahr für Pagani: Der Nachfolger
des Zonda, der Huayra wurde vorgestellt. Dessen Name stammt von einem
südamerikanischen Gott des Windes. Luft und Wind spielten eine wichtige Rolle
bei der Entwicklung des Huayra. Ziel war es, dem Fahrer das Gefühl eines
startenden Flugzeuges zu vermitteln. Ähnlichkeiten mit einem Flugzeug hat zum
einen die aktive Aerodynamik. Bewegliche hydraulische Klappen an Front und Heck
gewährleisten stets den bestmöglichen Strömungsverlauf der Luft. Sie erhalten
vom Bordcomputer Informationen über die aktuelle Geschwindigkeit, den
eingeschlagenen Lenkwinkel und die Querbeschleunigung. Die Klappen passen sich
der aktuellen Fahrsituation an und sorgen entweder für eine möglichst geringe
Stirnfläche oder den größtmöglichen Anpressdruck. Das Auto kann so seinen
cw-Wert zwischen 0,31 und 0,37 variieren.
Der Huayra besitzt im Gegensatz zum Zonda einen Turbomotor.
Der V12 von Mercedes-AMG erzeugt durch doppelte Turboaufladung 730 PS und
1.000 Nm Drehmoment. Der Klang der blau-violett anodisierten Abgasanlage
erinnert an einen startenden Jet. Wie beim Zonda ist auch die Karosserie
komplett aus CFK gefertigt. Allerdings wurden erstmals feine Titanfasern in die
Kohlefasermatten hineingewebt, um die Steifigkeit des Werkstoffes zu
verbessern. 2017 präsentierte Pagani auf dem Genfer Motorsalon die
Roadster-Version der Huayra. Durch unermüdliche Arbeit ist es den Ingenieuren
gelungen, das Gewicht des Roadsters gegenüber dem Coupe zum 80 Kilo zu senken,
ohne an Steifigkeit einzubüßen. Die Leistung des V12 erhöht sich auf 764 PS.
Wir sind gespannt, was Pagani in Zukunft entwickeln wird. Der Chef
hat bereits bekannt gegeben, dass Hybrid-Antrieben nicht zu seiner Philosophie
passen. Kürzlich ist die Firma in eine größere Fabrik bei Modena umgezogen.
Pagani will die Produktion aber nicht steigern und den zusätzlichen Platz
lieber für weitere Forschung und Entwicklung nutzen. Ganz gleich, wie ein
zukünftiges Modell auch aussehen mag, eines ist gewiss. Es wird im Geiste da
Vinis arte e scienza
verbinden.
Text: © autofieber.blogspot.de - 2017